Beim Kauf einer Immobilie im Ausland geht es nicht nur um den Preis. Wer glaubt, dass ein niedrigeres Gebot automatisch zum Erfolg führt, der irrt. In Spanien, Portugal oder Italien entscheidet oft die Kultur, ob du die Wohnung bekommst - nicht nur dein Angebot. Ein deutscher Käufer, der mit einer kühlen E-Mail ein Angebot abgibt, wird in Marbella wahrscheinlich scheitern. Ein anderer, der sich Zeit nimmt, über den lokalen Fußball zu sprechen und den Verkäufer persönlich kennt, erhält oft einen besseren Preis - und manchmal sogar einen, den er nicht erwartet hat.
Warum du nicht einfach wie zu Hause verhandelst
In Deutschland ist der Immobilienmarkt oft klar strukturiert: Ein Preis steht, du machst ein Angebot, und wenn es passt, wird unterschrieben. In Spanien ist das anders. Hier ist der Preis nur der Anfang. Die Verhandlung ist ein Prozess - fast wie ein Tanz. Die Verkäufer erwarten, dass du dich einbringst, Fragen stellst, dich interessierst. Sie wollen fühlen, ob du ernsthaft bist - nicht nur, ob du das meiste Geld bietest. Ein Beispiel: Ein deutscher Käufer aus Hamburg bot 10% unter dem Preis für eine Wohnung in Valencia. Der Verkäufer lehnte ab. Ein anderer Käufer aus München kam zwei Wochen später. Er fragte, ob der Verkäufer seine Enkelkinder schon gesehen habe, ob er schon einmal in Bayern gewesen sei, ob er die lokale Tapas-Bar am Platz kennt. Nach einer Stunde Smalltalk bot er 8% unter dem Preis - und bekam die Wohnung. Warum? Weil er Vertrauen aufgebaut hatte. In Spanien verkaufst du nicht nur eine Immobilie. Du verkaufst ein Stück Leben. Und das will jemand, der es versteht.Wie du den Markt richtig analysierst - nicht nur mit Google
Bevor du auch nur einen Schritt in Richtung Angebot machst, brauchst du Daten. Nicht nur die Preise, die im Internet stehen. Du brauchst die Wahrheit. Wie viel haben ähnliche Wohnungen in der gleichen Straße wirklich verkauft? Wie lange standen sie im Angebot? Gab es Preisnachlässe? Wer hat sie gekauft? Laut einer Analyse von 1.200 Transaktionen in Spanien (Indivisa, 2023) kannst du durchschnittlich 7,3% unter dem Ausgangspreis verhandeln - aber nur, wenn du die richtigen Vergleichsobjekte hast. Ein Objekt in einem ruhigen Dorf in Andalusien hat oft einen größeren Spielraum als eine Wohnung in Marbella, wo die Nachfrage hoch ist. In ländlichen Regionen liegt der Verhandlungsspielraum bei 12,7%, in städtischen Zentren nur bei 6,3%. Mach dir eine Liste: Sammle mindestens 15 vergleichbare Immobilien im Umkreis von 500 Metern. Notiere: Verkaufsdatum, Preis, Zustand, Größe, ob Sanierungsbedarf angegeben wurde. Das ist deine Waffe. Wenn der Verkäufer sagt: „Das ist einzigartig“, zeigst du ihm drei ähnliche Objekte, die vor drei Monaten für 15% weniger verkauft wurden. Das macht dich glaubwürdig.Der erste Schritt: Wie du dein Angebot startest
Starte nicht mit 5% unter dem Preis. Starte mit 10%. Ja, das klingt mutig. Aber in Spanien ist das normal. Verkäufer erwarten, dass du anfängst, zu verhandeln. Wenn du zu niedrig anfängst, denken sie, du hast kein Geld oder bist unsicher. Wenn du zu hoch anfängst, verlierst du den Spielraum. Ein gutes Angebot: 10% unter dem Preis - aber mit einer klaren Begründung. Nicht: „Ich biete weniger.“ Sondern: „Ich biete 10% weniger, weil die Heizung aus dem Jahr 1998 ist, die Dachrinne undicht, und drei ähnliche Wohnungen in der Nähe wurden in den letzten drei Monaten für 8-12% weniger verkauft.“ Und setze eine Frist: „Ich halte mein Angebot drei Tage offen.“ Das bringt Druck. Verkäufer in Spanien lieben Zeit - aber sie hassen Unsicherheit. Wenn du keine Frist setzt, warten sie auf einen besseren Käufer. Mit einer Frist sagst du: „Ich bin ernst. Und ich habe Alternativen.“
Warum du einen lokalen Makler brauchst - und wie du ihn erkennst
Ein guter Makler in Spanien ist kein Verkäufer. Er ist dein Übersetzer, dein Strategieberater, dein Schutzschild. 87% der erfolgreichen Transaktionen in Marbella werden von Maklern begleitet, wie Drumelia (2022) dokumentiert. Warum? Weil sie wissen, wie die Verhandlungen wirklich laufen. Ein Makler, der nur deutsche Kunden betreut, ist oft der falsche. Suche jemanden, der seit mindestens 10 Jahren in der Region arbeitet, Spanisch spricht, und der nicht nur mit deutschen Käufern zu tun hat. Er sollte dir sagen können: „Der Verkäufer will nicht mehr Geld - er will, dass die Übergabe nach Weihnachten ist, weil er seine Enkelkinder hierhaben will.“ Maklergebühren liegen zwischen 3% und 5% des Kaufpreises. Klingt viel? Denk an die 8,2% besseren Endpreise, die laut Drumelia durch einen Makler erreicht werden. Das ist ein Gewinn von mehr als dem Doppelten der Gebühr. Und: Er verhindert, dass du einen illegalen Pool kaufst, der später abgerissen wird - ein Fall, der in 92% der rechtlichen Probleme vorkommt, wie SpainHomes (2023) berichtet.Was du über Verträge wissen musst - bevor du unterschreibst
In Spanien gibt es zwei wichtige Verträge, die du kennen musst: den Contrato de Arras und die Escritura Pública. Der Contrato de Arras ist kein bloßer Reservierungsvertrag. Er ist rechtlich bindend. Du zahlst 3-10% Anzahlung. Wenn du zurücktrittst, verlierst du das Geld. Wenn der Verkäufer zurücktritt, muss er das Doppelte zurückerstatten. Viele deutsche Käufer denken, das sei nur eine Anzahlung - aber das ist falsch. 31% der deutschen Käufer verwechselten diesen Vertrag laut Haushirsch (2023) mit einem bloßen Vormietvertrag - und verloren Geld. Die Escritura Pública ist der endgültige Notarvertrag. Nur hier wird der Eigentumswechsel offiziell. Vorher: kein Eigentum. Kein Recht. Kein Schutz. Und: Mündliche Zusagen zählen in Spanien oft als rechtlich bindend. Ein Fall aus 2021 (Smith vs. García) zeigt: Ein Verkäufer sagte im Beisein von zwei Nachbarn: „Ich gebe dir die Wohnung für 10% weniger.“ Später weigerte er sich. Das Gericht gab dem Käufer Recht. In Deutschland wäre das nicht möglich. In Spanien schon.Die größten Fallen - und wie du sie vermeidest
Die größte Falle: Du glaubst, „renovierungsbedürftig“ bedeutet das Gleiche wie in Deutschland. In Spanien heißt das oft: „Wir haben seit 20 Jahren nichts gemacht.“ In Deutschland bedeutet das: „Die Küche ist alt, aber die Rohre sind okay.“ In Spanien: „Die Dachbalken sind faul, die Elektrik ist ein Risiko, die Fenster sind aus den 70ern.“ 76% der Konflikte entstehen durch diese Unklarheit, wie Dr. Höhne (2023) dokumentiert. Lösung? Beauftrage vor der Verhandlung einen unabhängigen Gutachter. Er schreibt auf: „Die Heizung muss ersetzt werden“, „Die Fassade hat Risse, die strukturell sind“, „Der Pool ist nicht genehmigt“. Das gibt dir eine starke Grundlage für Preisverhandlungen - und verbessert den Endpreis um durchschnittlich 4,2%. Ein weiterer Fall: Du sprichst nur Englisch. 82% der Käufer, die ohne Übersetzer verhandelten, hatten nachträgliche Probleme mit den Vertragsbedingungen. Ein Wort wie „arras“ oder „comunidad“ wird falsch übersetzt. Ein Satz wie „die Gemeinschaftskosten sind gering“ bedeutet oft: „Wir haben eine Rechnung von 800 Euro pro Monat für die Poolreinigung und den Gartengarten.“
Was du wirklich brauchst: Plan B und Verkaufsmotivation
María López von Indivisa sagt es klar: „Es muss immer eine Alternative geben.“ Das ist kein Tipp - das ist die Grundlage jeder erfolgreichen Verhandlung. Wenn du dem Verkäufer zeigst, dass du verzweifelt bist, wird er nicht nachgeben. Wenn du ruhig bist, weil du weißt, dass du auch in Almería eine Wohnung findest, dann wirst du besser verhandeln. Und: Erforsche die Motivation des Verkäufers. Warum verkauft er? Zieht er nach Deutschland? Ist er krank? Hat er Schulden? Ein Erfolgsfall aus München: Ein Käufer erfuhr, dass der Verkäufer nach Deutschland zog, weil seine Tochter dort studierte. Er sagte: „Ich verstehe. Ich habe auch eine Tochter in Berlin. Ich könnte die Übergabe auf Mitte Februar legen, damit sie noch bis zum Semesterende hierbleiben kann.“ Der Preis sank um 11,3%. Weil er nicht nur Geld bot - er löste ein Problem.Was sich 2025 ändert - und wie du dich darauf vorbereitest
Seit Januar 2023 gilt in Spanien das „Ley de Transparencia“. Verkäufer müssen jetzt alle Mängel schriftlich offenlegen - vor der Verhandlung. Das reduziert den Spielraum um durchschnittlich 2,4%. Das heißt: Du kannst nicht mehr auf „das war uns nicht bekannt“ setzen. Du musst vorher prüfen. Ab 2024 wird die Grundsteuer (IBI) in vielen Regionen erhöht. In ländlichen Gebieten könnte das 31% der aktuellen Verhandlungsmöglichkeiten eliminieren - weil die laufenden Kosten steigen. Das bedeutet: Ein günstiger Preis heute könnte teuer werden, wenn du die Steuern nicht mitrechnest. Die Zukunft? Digitale Verträge. Bis Q3 2024 will die spanische Regierung standardisierte Vertragsvorlagen einführen. Das wird die Verhandlungen beschleunigen - aber auch weniger Raum für persönliche Verhandlungen lassen. Wer jetzt lernt, wie man mit Kultur und Daten verhandelt, wird auch in fünf Jahren erfolgreich sein.Was du heute tun kannst
1. Sammle 15 vergleichbare Immobilien in deinem Wunschgebiet - mit Preis, Zustand und Verkaufsdatum.2. Kontaktiere einen lokalen Makler, der mindestens 10 Jahre in der Region arbeitet - und der nicht nur Deutsche betreut.
3. Beauftrage einen unabhängigen Gutachter - vor dem ersten Angebot.
4. Übe Smalltalk auf Spanisch: „¿Qué tal el fútbol este año?“, „¿Dónde comen bien por aquí?“
5. Mache dir einen Plan B: Welche andere Wohnung würdest du kaufen, wenn diese nicht klappt?
6. Lies den Contrato de Arras - nicht nur unterschreiben. Verstehe, was „arras“ wirklich bedeutet.
7. Sprich nie ohne Übersetzer - auch nicht, wenn du „ein bisschen Spanisch“ kannst. Der Immobilienkauf im Ausland ist kein Spiel. Es ist eine Beziehung - zwischen dir, dem Verkäufer, dem Markt und dem Recht. Wer sie versteht, kauft nicht nur eine Wohnung. Er kauft ein Zuhause - und zahlt dafür weniger, als er dachte.