Was ist eine Teilungsversteigerung und warum wird sie durchgeführt?
Wenn mehrere Personen gemeinsam eine Immobilie besitzen - etwa nach einer Erbschaft oder einer Scheidung - und sich nicht einigen können, wer was bekommt, dann kann ein Miteigentümer das Gericht einschalten. Das Verfahren heißt Teilungsversteigerung. Es ist kein freiwilliger Verkauf, sondern ein rechtlicher Zwangsweg, der nach § 1163 Abs. 1 BGB geregelt ist. Das Gericht lässt die Immobilie versteigern, und der Erlös wird unter den Beteiligten aufgeteilt. Es geht nicht darum, den besten Preis zu erzielen, sondern eine faire Lösung zu finden, wenn Gespräche scheitern.
Diese Art von Verfahren ist in Österreich und Deutschland besonders häufig bei Erbengemeinschaften mit mehr als zwei Personen. Viele denken, dass sie die Immobilie einfach verkaufen und den Gewinn teilen können. Doch wenn einer nicht einwilligt, bleibt oft nur der Weg vor Gericht. Die Kosten dafür sind nicht klein. Sie werden nach klaren Regeln berechnet, aber viele Betroffene unterschätzen sie.
Wie werden die Gerichtskosten berechnet?
Die Gerichtskosten bei einer Teilungsversteigerung folgen dem Gerichtskostengesetz (GKG). Sie sind nicht pauschal, sondern hängen direkt vom Verkehrswert der Immobilie ab. Der Verkehrswert ist der Preis, den die Immobilie auf dem Markt bei einem normalen Verkauf erzielen würde - nicht der Kaufpreis, nicht der Schätzwert des Antragstellers, sondern der offiziell festgelegte Wert.
Es gibt drei Hauptgebühren, die jeweils mit 0,5 multipliziert werden:
- Grundgebühr (0,5): Wird fällig, sobald der Antrag beim Gericht eingereicht wird.
- Terminsgebühr (0,5): Für den Tag der Versteigerung, an dem der Zuschlag erteilt wird.
- Verteilungsgebühr (0,5): Für die Aufteilung des Erlöses nach dem Verkauf.
Dazu kommt noch eine Antragsgebühr von genau 120 Euro. Diese ist fix und unabhängig vom Wert der Immobilie.
Beispiel: Eine Immobilie hat einen Verkehrswert von 500.000 Euro. Eine 0,5-Gebühr beträgt dann 1.950,50 Euro. Multipliziert mit drei ergibt das 5.851,50 Euro. Addiert man die 120 Euro Antragsgebühr, kommen 5.971,50 Euro Gerichtskosten zusammen. Bei einem Wert von 850.000 Euro steigt die 0,5-Gebühr auf 2.804 Euro - das macht allein für die drei Gebühren 8.412 Euro. Dazu kommen die 120 Euro Antragsgebühr. Das sind fast 8.500 Euro nur für das Gericht.
Warum wird die Gebühr auf den Verkehrswert und nicht auf den Zuschlagspreis berechnet?
Das ist der Punkt, der viele überrascht. Die Gebühren werden nicht auf den tatsächlichen Verkaufspreis berechnet, sondern auf den Verkehrswert, den das Gericht vor der Versteigerung festlegt. Selbst wenn die Immobilie dann nur für 600.000 Euro versteigert wird, werden die Kosten trotzdem auf 850.000 Euro berechnet - wenn dieser Wert als Verkehrswert festgesetzt wurde.
Und es kommt noch schlimmer: Wenn die Immobilie mit einer Grundschuld belastet ist, wird dieser Betrag zum Verkehrswert addiert. Beispiel: Ein Haus hat einen Verkehrswert von 650.000 Euro, aber die Erben müssen noch eine Grundschuld von 200.000 Euro übernehmen. Dann wird die Gebühr auf 850.000 Euro berechnet. Das ist kein Fehler - das ist Gesetz. Die Zuschlagsgebühr wird also auf den Gesamtwert berechnet, den der Käufer übernimmt: Kaufpreis plus Schulden.
Das bedeutet: Je höher die Belastung, desto höher die Gebühren - auch wenn der tatsächliche Verkaufserlös niedriger ist. Viele Antragsteller gehen davon aus, dass sie nach dem Verkauf nur die tatsächlichen Einnahmen teilen. Doch die Kosten werden vorher abgezogen. Und sie werden nach dem Verkehrswert berechnet. Das kann zu einer unerwarteten finanziellen Belastung führen.
Wie viel kostet das Verkehrswertgutachten?
Bevor das Gericht die Gebühren berechnen kann, braucht es einen offiziellen Verkehrswert. Dafür muss ein Sachverständiger ein Gutachten erstellen. Das ist Pflicht. Der Antragsteller muss das Gutachten bestellen und vorfinanzieren. Die Kosten liegen zwischen 1.000 und 2.500 Euro, je nach Größe, Lage und Komplexität der Immobilie.
Ein Einfamilienhaus in Graz mit 180 Quadratmetern und einem Verkehrswert von 320.000 Euro kostet etwa 2.200 Euro für das Gutachten. Ein kleinerer Wohnblock mit fünf Wohnungen in Wien kann leicht 2.500 Euro kosten. Der Preis hängt nicht vom späteren Verkaufserlös ab, sondern von der Arbeitszeit des Gutachters - und die ist bei größeren oder komplexeren Objekten höher.
Wichtig: Die Gutachterkosten werden später vom Versteigerungserlös abgezogen. Wenn die Immobilie verkauft wird, bekommt der Antragsteller sein Geld zurück - aber erst nach der Versteigerung. Bis dahin muss er es vorstrecken. Das ist für viele eine große Hürde, besonders wenn sie nicht über viel Liquidität verfügen.
Wer zahlt was - und wann?
Die Kostenverteilung ist klar geregelt, aber kompliziert. Der Antragsteller muss zu Beginn alles vorfinanzieren: die Antragsgebühr, die Gutachterkosten und die ersten beiden Gerichtsgebühren. Das bedeutet: Bevor das Gericht überhaupt einen Termin setzt, muss der Antragsteller schon mehrere tausend Euro bezahlt haben.
Beispiel: Bei einem Verkehrswert von 850.000 Euro fallen vor dem Termin bereits 5.608 Euro Gerichtskosten (2 x 2.804 Euro) plus 120 Euro Antragsgebühr und etwa 2.200 Euro Gutachterkosten an. Das sind fast 8.000 Euro, die der Antragsteller vorher zahlen muss. Erst nach dem Zuschlag wird die Verteilungsgebühr fällig - und auch diese wird vom Erlös abgezogen.
Nach dem Verkauf werden alle Kosten aus dem Erlös abgezogen. Der Rest wird dann unter den Miteigentümern nach ihren Anteilen verteilt. Der Zuschlagsempfänger - also der neue Eigentümer - zahlt zusätzlich die Zuschlagsgebühr, die er in sein Angebot einrechnet. Er trägt also die Kosten für die Versteigerung nicht nur durch den Kaufpreis, sondern auch durch die Gebühr.
Bei Scheidungen kann es noch komplizierter werden. Hier spielt oft der Ehegattenversorgungsanspruch eine Rolle. Dann wird der Anteil des Antragstellers nicht nur nach dem Eigentumsanteil, sondern auch nach dem Unterhaltsanspruch berechnet. Das macht die Verteilung noch unübersichtlicher.
Was kostet die Veröffentlichung der Annonce?
Bevor eine Immobilie versteigert werden kann, muss sie öffentlich bekannt gemacht werden. Das geschieht durch eine Anzeige in einer Zeitung und oft auch online. Die Kosten dafür variieren stark. Eine kleine Lokalzeitung kostet vielleicht 200 Euro. Eine überregionale Zeitung wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung verlangt bis zu 500 Euro pro Anzeige. Oft werden zwei oder drei Anzeigen geschaltet - das kann schnell 1.000 Euro oder mehr ausmachen.
Seit Januar 2023 kann der Antrag auch elektronisch über das EGVP (elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach) eingereicht werden. Das spart etwa 35 Euro an Zustellgebühren. Aber die Anzeigenkosten bleiben. Es gibt keine Möglichkeit, sie zu umgehen. Das Gericht verlangt sie als Beweis für die Öffentlichkeit des Verfahrens.
Wie hoch sind die Gesamtkosten im Durchschnitt?
Die durchschnittlichen Gesamtkosten einer Teilungsversteigerung lagen 2022 bei 9.850 Euro. Davon entfielen 78 Prozent auf Gerichtskosten, 15 Prozent auf Gutachterkosten und 7 Prozent auf Veröffentlichungen. Das bedeutet: Für eine Immobilie mit einem Verkehrswert von 500.000 Euro liegen die Gesamtkosten bei etwa 6.500 bis 7.500 Euro. Bei 850.000 Euro sind es 10.000 bis 12.000 Euro.
Das entspricht einer Kostenquote von 12 bis 14 Prozent des Verkehrswerts. Einige Betroffene berichten von bis zu 14,2 Prozent - das ist kein Einzelfall. Im Vergleich zu einem normalen Immobilienverkauf mit 6 bis 7 Prozent Provision ist das doppelt so hoch. Aber: Im normalen Verkauf zahlt man die Provision nur, wenn die Immobilie verkauft wird. Bei der Teilungsversteigerung zahlt man die Kosten - auch wenn die Immobilie später nur für weniger als der Verkehrswert verkauft wird.
Was kann man tun, um Kosten zu sparen?
Es gibt einige Wege, die Kosten zu reduzieren - aber sie erfordern Kooperation.
- Einigung vor Gericht: Wenn alle Miteigentümer sich auf einen Verkauf einigen können, dann kann man die Immobilie privat verkaufen. Das spart die gesamten Gerichtskosten. Das Deutsche Notarinstitut empfiehlt genau das: Außergerichtliche Einigungen sind oft kosteneffizienter.
- Gemeinsamen Antrag stellen: Wenn mehrere Miteigentümer den Antrag gemeinsam stellen, teilen sie die Vorfinanzierung. Das entlastet den Einzelnen. Ein Anwalt aus München empfiehlt das immer - besonders bei Erbengemeinschaften mit mehr als drei Personen.
- Gutachter vergleichen: Nicht jeder Gutachter verlangt den gleichen Preis. Es lohnt sich, zwei oder drei Angebote einzuholen. Einige bieten Pauschalpreise für Einfamilienhäuser an.
- Online-Rechner nutzen: Websites wie kosten-teilungsversteigerung.de erlauben eine präzise Vorabkalkulation. Eingabe von Verkehrswert, Grundschuld und Ort - und man bekommt eine detaillierte Kostenaufstellung.
Ein weiterer Tipp: Wenn eine Immobilie stark belastet ist, lohnt es sich, vor der Versteigerung zu prüfen, ob die Grundschuld abgelöst werden kann. Manchmal ist es günstiger, einen Kredit aufzunehmen, um die Belastung zu reduzieren - und damit die Gebühren zu senken.
Was ändert sich in Zukunft?
Die Bundesregierung prüft seit 2021 eine Reform des Gerichtskostengesetzes. Im Koalitionsvertrag 2021-2025 steht explizit, dass die Gebührenstruktur bei Teilungsversteigerungen vereinfacht werden soll. Konkrete Änderungen sind für 2025 geplant. Möglicherweise wird die dreifache 0,5-Gebühr abgeschafft und durch eine pauschale Gebühr ersetzt. Oder die Berechnung wird auf den tatsächlichen Zuschlagspreis statt auf den Verkehrswert bezogen.
Ein Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen testet digitale Versteigerungstermine. Wenn das funktioniert, könnte die Terminsgebühr in Zukunft um bis zu 20 Prozent sinken. Auch die elektronische Einreichung von Anträgen ist bereits Standard - und spart bereits Geld.
Dennoch: Solange die aktuelle Regelung gilt, bleibt die Kostenlast hoch. Wer eine Teilungsversteigerung in Erwägung zieht, sollte sich bewusst sein: Es ist kein einfacher Weg. Es ist ein teurer Weg. Und er sollte nur gewählt werden, wenn alle anderen Optionen versagt haben.
Wie reagieren Betroffene?
Die Erfahrungen sind gemischt. Ein Nutzer auf immobilien-forum.de schreibt: „Die Gesamtkosten lagen bei 14,2 Prozent - viel höher als erwartet.“ Ein anderer sagt: „Die Gutachterkosten waren fair, aber die Gerichtsgebühren haben uns fast umgebracht.“
Aber es gibt auch positive Stimmen. Ein Betroffener aus Salzburg sagt: „Wir haben uns vorher nicht ausreichend informiert. Als wir dann die Kosten sahen, waren wir entsetzt. Aber nach dem Verkauf war die Transparenz gut. Die Gebühren waren nachvollziehbar - und wir konnten endlich ruhig schlafen.“
Die häufigste Kritik: Die Vorfinanzierungspflicht. Wer keine 5.000 bis 8.000 Euro aufbringen kann, bleibt sitzen. Das ist ein Problem für viele Erben, die nicht viel Geld haben - aber eine Immobilie mit hoher Belastung erben.
Was tun, wenn man die Kosten nicht zahlen kann?
Wenn man die Vorfinanzierung nicht leisten kann, gibt es keine offizielle Unterstützung vom Staat. Es gibt keine Sozialhilfe für Teilungsversteigerungen. Einige Anwälte bieten Ratenzahlungen an - aber nur für die Anwaltskosten, nicht für die Gerichtsgebühren.
Die einzige Lösung: Man muss warten - oder einen anderen Weg finden. Vielleicht kann ein Miteigentümer die Immobilie kaufen? Oder ein Dritter wird gefunden, der die Anteile übernimmt? Manchmal ist es besser, die Immobilie zu vermieten und auf eine bessere Zeit zu warten, als in ein teures Verfahren zu gehen.
Wann ist eine Teilungsversteigerung sinnvoll?
Nicht immer ist sie die beste Lösung. Sie ist sinnvoll, wenn:
- Die Miteigentümer sich absolut nicht einigen können.
- Einer der Beteiligten die Immobilie nicht nutzen will - und auch nicht bezahlen will.
- Die Immobilie stark belastet ist und kein Verkauf ohne Gericht möglich ist.
Sie ist nicht sinnvoll, wenn:
- Die Kosten die Immobilie wertlos machen - also wenn der Verkehrswert unter 200.000 Euro liegt und die Kosten über 15 Prozent betragen.
- Eine außergerichtliche Einigung möglich wäre.
- Man die Immobilie vermieten könnte, bis sich die Lage beruhigt.
Es ist kein Sieg, wenn man gewinnt - es ist nur ein Ende des Konflikts. Und es kostet viel Geld.
Wie hoch sind die Gerichtskosten bei einer Teilungsversteigerung?
Die Gerichtskosten bestehen aus einer Antragsgebühr von 120 Euro und drei 0,5-Gebühren, die sich nach dem Verkehrswert der Immobilie richten. Bei einem Verkehrswert von 500.000 Euro betragen die Gerichtskosten etwa 5.971 Euro. Bei 850.000 Euro sind es fast 8.500 Euro. Die Gebühren werden nicht auf den tatsächlichen Verkaufspreis, sondern auf den vom Gericht festgelegten Verkehrswert berechnet.
Wer zahlt das Verkehrswertgutachten?
Der Antragsteller muss das Gutachten vorfinanzieren. Die Kosten liegen zwischen 1.000 und 2.500 Euro, je nach Objektgröße und Lage. Nach erfolgreicher Versteigerung werden diese Kosten aus dem Erlös abgezogen und dem Antragsteller erstattet. Wer das Geld nicht vorstrecken kann, sollte das Verfahren nicht beginnen.
Wird die Gebühr auf den Zuschlagspreis oder den Verkehrswert berechnet?
Die Gebühren werden auf den Verkehrswert berechnet, nicht auf den Zuschlagspreis. Wenn die Immobilie mit einer Grundschuld belastet ist, wird dieser Betrag zum Verkehrswert addiert. Selbst wenn die Immobilie später für weniger verkauft wird, bleiben die Kosten gleich. Das ist ein häufiger Irrtum und eine große finanzielle Fallgrube.
Kann man die Kosten reduzieren?
Ja. Am besten durch eine außergerichtliche Einigung. Wenn alle Miteigentümer gemeinsam den Antrag stellen, teilen sie die Kosten. Auch das Vergleichen von Gutachterangeboten und die Nutzung von Online-Rechnern helfen. Eine elektronische Einreichung spart 35 Euro. Aber die Hauptkosten - Gerichts- und Gutachterkosten - lassen sich nicht vermeiden, wenn das Verfahren stattfindet.
Was passiert, wenn die Immobilie nicht verkauft wird?
Wenn die Immobilie nicht verkauft wird, bleibt das Verfahren nicht ohne Folgen. Die bereits gezahlten Gerichts- und Gutachterkosten werden nicht erstattet. Der Antragsteller muss sie tragen. Das Verfahren kann neu gestartet werden, aber neue Kosten fallen an. Es ist ein riskantes Spiel - besonders wenn man die Kosten nicht vorfinanzieren kann.
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