Wenn Sie selbst bauen, denken Sie vielleicht: Baustelleneinrichtung in Eigenregie spart Geld. Und das stimmt - aber nur, wenn Sie alles richtig machen. Viele Eigenheimbauer unterschätzen, wie komplex das wirklich ist. Ein falsch platziertes Baugerüst, ein fehlender Zaun oder ein nicht gemeldeter SiGePlan kann die ganze Baustelle stilllegen - und Sie mit Bußgeldern bis zu 25.000 Euro belegen. Die Baustellenverordnung (BaustellV) ist kein Empfehlungsschreiben. Sie ist Gesetz. Und wer sie ignoriert, haftet persönlich.
Was gehört wirklich zur Baustelleneinrichtung?
Eine Baustelle ist nicht einfach ein Grundstück mit Zement und Ziegelsteinen. Sie ist ein dynamischer Arbeitsort, an dem Menschen, Maschinen und Materialien auf engem Raum zusammenkommen. Die Baustelleneinrichtung umfasst alles, was nötig ist, damit das sicher und gesetzkonform funktioniert. Das sind nicht nur Zäune und Container. Dazu gehören:- Bauzäune und Sicherheitsabsperrungen
- Warnsignale und Beleuchtung für Nachtarbeit
- Container für Werkzeuge, Materialien und Pausenräume
- Abfalltrenn- und Entsorgungsflächen
- Zugangswege für Lastwagen und Baufahrzeuge
- Notausgänge und Erste-Hilfe-Stationen
- Wasser- und Stromanschlüsse für die Arbeiter
Ein Bauherr, der nur den Keller aushebt und denkt, er hat alles getan, macht einen schweren Fehler. Die Baustelle muss so eingerichtet sein, dass sie keine Gefahr für Passanten, Nachbarn oder Ihre eigenen Arbeiter darstellt. Das ist keine Frage des guten Willens - das ist Pflicht.
Die rechtlichen Grundlagen: Wer haftet, was muss gemacht werden?
Der Bauherr ist nicht nur derjenige, der die Rechnung bezahlt. Er ist auch der rechtlich Verantwortliche. Gemäß §4 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) muss er dafür sorgen, dass alle Arbeiten auf der Baustelle gefahrenfrei durchgeführt werden. Das bedeutet: Wenn ein Arbeiter stürzt, weil der Schutzzaun nicht richtig montiert war, ist es nicht der Subunternehmer, der haftet - es ist Sie.Die Baustellenverordnung (BaustellV) schreibt genau vor, was zu tun ist:
- Ein SiGePlan (Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan) muss erstellt werden - und zwar vor Baubeginn. Er dokumentiert, wer was tut, welche Gefahren bestehen und wie sie abgewendet werden.
- Die Baustelle muss mindestens 14 Tage vor Beginn bei der zuständigen Behörde angemeldet werden. Das ist keine Formsache - es ist Pflicht.
- Wenn Sie Subunternehmer beschäftigen, müssen Sie deren Zusammenarbeit koordinieren. Kein Subunternehmer darf einfach loslegen. Sie müssen sicherstellen, dass alle ihre Arbeit im Einklang mit den anderen tun.
- Alle Unterlagen, auch den SiGePlan, müssen Sie für mindestens 3 Jahre aufbewahren. Wer das nicht tut, macht sich strafbar.
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sagt außerdem: Wenn mehr als vier Arbeiter länger als eine Woche auf Ihrer Baustelle beschäftigt sind, brauchen Sie einen Pausenraum. Das kann ein Container mit Tisch, Stühlen, Wasser und einer Toilette sein. Aber kein leerer LKW-Anhänger, kein Keller, kein Zelt. Das ist kein Luxus - das ist Gesetz.
Verkehrssicherung: Der größte Fehler bei Eigenbauprojekten
Die meisten Eigenheimbauer denken: „Ich baue ja nur ein Haus. Was hat das mit Straßenverkehr zu tun?“ Viel. Wenn Ihre Baustelle den Gehweg, den Radweg oder sogar die Straße vor Ihrem Grundstück beeinträchtigt, müssen Sie eine Sondernutzungserlaubnis beim Straßenverkehrsamt beantragen. Das dauert durchschnittlich 14 Tage - und kostet Geld. Aber es ist notwendig.Ohne diese Erlaubnis dürfen Sie weder einen Baukran über die Straße schwenken noch Materialien auf dem Bürgersteig lagern. Wer das tut, riskiert nicht nur ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro - er gefährdet Fußgänger, Radfahrer und Kinder. Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) nennt die mangelnde Verkehrssicherung den häufigsten Fehler bei Eigenbaustellen. In 24 Prozent der beanstandeten Fälle war genau das der Grund.
Ein Beispiel: Ein Bauherr in Hildesheim legte im Winter 2023 Sand und Kies auf den Gehweg, um ihn für Lastwagen zu befestigen. Ein älterer Nachbar stürzte, brach das Becken. Die Haftpflichtversicherung weigerte sich zu zahlen - weil die Baustelle nicht ordnungsgemäß abgesichert war. Der Bauherr musste selbst 28.000 Euro zahlen.
Entsorgung: Kein Abfall ist nur Abfall
Bauabfälle sind kein Müll, den man einfach auf den Hof legt. Sie sind Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG). Das bedeutet: Sie müssen getrennt werden. Beton, Holz, Metall, Dämmstoffe, Asbest - alle haben ihre eigene Entsorgungsroute.Die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft (DGAW) warnt: Wer Bauabfälle falsch entsorgt, riskiert Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Das ist kein Scherz. In 2023 wurden in Niedersachsen allein 127 Fälle von illegaler Bauabfallentsorgung geahndet. Ein Bauherr aus Osnabrück versuchte, 12 Tonnen Beton in einem Wald zu vergraben. Er wurde entdeckt, bekam ein Bußgeld von 42.000 Euro und musste die Abfälle selbst wieder ausgraben - für 8.500 Euro zusätzliche Kosten.
Was tun?
- Planen Sie bereits im Vorfeld, wo die Abfälle landen sollen.
- Verwenden Sie separate Container für verschiedene Materialien.
- Bewahren Sie die Entsorgungsnachweise (Abfallbegleitscheine) mindestens 3 Jahre auf.
- Nehmen Sie nur zertifizierte Entsorger - fragen Sie nach dem Abfall-Identifikationscode.
Ein Tipp: Viele Kommunen bieten spezielle Bauabfall-Abholungen an. In Hildesheim können Sie bis zu 5 Kubikmeter Bauabfall pro Jahr kostenlos abholen lassen - wenn Sie es rechtzeitig anmelden.
Wie viel kostet die Baustelleneinrichtung wirklich?
Viele Eigenheimbauer rechnen mit 5 bis 10 Prozent der Gesamtbaukosten für die Einrichtung. Das klingt fair - bis Sie die tatsächlichen Kosten sehen. Ein Bauherr aus Braunschweig baute ein Einfamilienhaus für 320.000 Euro. Er dachte, 25.000 Euro für die Baustelleneinrichtung wären genug. Am Ende zahlte er 58.000 Euro - weil er:- den SiGePlan vergaß und ihn nachträglich von einem Fachmann erstellen ließ (3.200 €)
- den falschen Container bestellte und ihn zweimal umstellen musste (4.100 €)
- keine Sondernutzungserlaubnis beantragte und 12.000 € Bußgeld zahlen musste
- die Abfälle falsch entsorgte und 18.000 € für die Räumung und Säuberung zahlen musste
Die Studie der Hochschule München zeigt: 68 Prozent der Eigenheimbauer unterschätzen die Komplexität. 41 Prozent haben durch Fehler bei der Eigenregie Zusatzkosten zwischen 1.500 und 5.000 Euro. Das sind nicht nur Geldverluste - das sind Wochen Verzögerung, Stress, Ärger mit Nachbarn und Versicherungsprobleme.
Wann lohnt sich Eigenregie wirklich?
Es gibt eine Ausnahme: kleine Projekte. Wenn Sie nur eine Garage bauen, eine Terrasse erweitern oder eine Wand versetzen - und dabei nur 1-2 Arbeiter beschäftigen - dann kann Eigenregie Sinn machen. Dann brauchen Sie keinen SiGePlan, keine Anmeldung, keinen Pausenraum. Aber auch hier: Zäune, Sicherheit, Entsorgung - das bleibt Pflicht.Wenn Sie aber ein Haus bauen, eine Dachgeschossausbau planen oder eine größere Sanierung durchführen: Denken Sie zweimal nach. Die Baustellenverordnung ist seit 2010 um 37 Prozent gewachsen. Die Regeln sind komplexer geworden. Die Kontrollen strenger. Die Strafen höher.
Prof. Dr. Thomas Klett von der TU München sagt es klar: „Die Eigenregie ist heute kein Sparmodell mehr - sie ist ein Risiko.“
Was Sie jetzt tun sollten
Sie planen, selbst zu bauen? Dann machen Sie das richtig:- Prüfen Sie die örtlichen Gegebenheiten: Wie kommt ein LKW aufs Grundstück? Wo kann ein Container stehen? Gibt es Bäume, die gefällt werden müssen? Nehmen Sie mindestens zwei Tage dafür.
- Erstellen Sie einen Baustelleneinrichtungsplan: Zeichnen Sie Ihr Grundstück maßstabsgetreu auf. Tragen Sie alle Elemente ein: Container, Zäune, Abfallflächen, Zugänge, Baumaschinen. Das ist Ihr „Stadtplan“ für die Baustelle.
- Beantragen Sie Sondernutzungserlaubnisse: Wenn Sie Gehweg oder Straße nutzen, melden Sie sich beim Straßenverkehrsamt - frühzeitig.
- Erstellen Sie den SiGePlan: Nutzen Sie die kostenlose Checkliste der BAuA (www.baua.de). Oder lassen Sie sich von einem Fachberater helfen - das kostet 300-800 Euro, spart aber viel mehr.
- Melden Sie die Baustelle an: Mindestens 14 Tage vor Baubeginn. Die Behörde prüft dann, ob alles passt.
- Organisieren Sie die Entsorgung: Bestellen Sie separate Container, vereinbaren Sie Abholtermine, bewahren Sie die Nachweise auf.
Und vergessen Sie nicht: Eine gut geplante Baustelle ist nicht teuer. Eine falsch eingerichtete Baustelle ist katastrophal.
Muss ich wirklich einen SiGePlan erstellen, wenn ich nur ein kleines Haus baue?
Ja - wenn Sie mehr als vier Arbeiter länger als eine Woche beschäftigen oder insgesamt mehr als 20 Personentage auf der Baustelle haben. Das gilt unabhängig von der Größe des Hauses. Selbst bei einem kleinen Anbau müssen Sie den SiGePlan erstellen, wenn mehrere Handwerker gleichzeitig arbeiten. Wer das ignoriert, riskiert eine Baustellensperrung und Bußgelder bis zu 25.000 Euro.
Kann ich die Baustelleneinrichtung selbst bauen, oder muss ich einen Fachmann beauftragen?
Sie dürfen die physische Einrichtung - also Zäune, Container, Abfallflächen - selbst aufbauen. Aber die Planung, Dokumentation und Koordination müssen fachlich korrekt sein. Viele Eigenheimbauer beauftragen einen Bauberater für den SiGePlan und die Anmeldung - das kostet 500-1.200 Euro, verhindert aber teure Fehler. Es ist kein Luxus, es ist Versicherung.
Was passiert, wenn ich die Baustelle nicht anmelde?
Die Bauaufsichtsbehörde kann die Arbeiten sofort stoppen. In vielen Fällen wird die Baustelle gesperrt, bis alle Unterlagen vorliegen. Das kostet Zeit - oft Wochen. Und Sie müssen die Nachbesserung selbst bezahlen. In 2023 wurde in Niedersachsen ein Bauherr, der seine Baustelle nicht angemeldet hatte, mit einem Bußgeld von 18.000 Euro belegt - plus 6.500 Euro für die Verzögerung.
Gibt es digitale Hilfsmittel für die Baustelleneinrichtung?
Ja. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz (BAuA) bietet eine kostenlose digitale Checkliste an, die Schritt für Schritt durch alle Pflichten führt. Die BG BAU hat auch eine Broschüre „SiGePlan leicht gemacht“ herausgegeben, speziell für Eigenheimbauer. Diese Tools sind kein Ersatz für Fachwissen, aber sie helfen, wichtige Punkte nicht zu vergessen.
Wie lange muss ich die Entsorgungsnachweise aufbewahren?
Mindestens drei Jahre. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Die Behörden können diese Unterlagen jederzeit anfordern - auch nach Fertigstellung des Hauses. Wer sie nicht hat, kann bei einer Prüfung mit Bußgeldern bis zu 50.000 Euro rechnen. Bewahren Sie die Abfallbegleitscheine, Rechnungen und Protokolle in einem Ordner auf - digital oder physisch.