Stellen Sie sich vor: Ihre Heizung ist kaputt, die Fenster lassen Kälte herein, und die Wände brauchen Isolierung. Sie wollen sanieren - aber welcher Kredit ist der richtige? Ein Modernisierungskredit oder ein Baukredit? Viele Eigentümer entscheiden falsch, weil sie denken, beide seien gleich. Sie sind es nicht. Und die falsche Wahl kostet Sie Tausende Euro an Zinsen - oder verhindert staatliche Förderungen ganz.
Was ist ein Modernisierungskredit?
Ein Modernisierungskredit ist ein zweckgebundener Kredit für Renovierungen an bestehenden Wohnungen oder Häusern. Das kann der Austausch der Heizung, die Dämmung der Außenwände, der Einbau neuer Fenster oder die Modernisierung der Badezimmer sein. Er ist kein Immobilienkredit, sondern ein Verbraucherdarlehen. Das bedeutet: Sie brauchen keine Grundschuld im Grundbuch einzutragen. Die Bank prüft nur Ihre Bonität - nicht den Wert Ihrer Immobilie.Die Kreditsummen liegen meist zwischen 5.000 und 60.000 Euro. Die durchschnittliche Summe in Deutschland beträgt 28.500 Euro (Verivox, Juli 2023). Die Laufzeit ist kurz: typisch 5 bis 15 Jahre, durchschnittlich 10,2 Jahre. Die Zinsen sind höher als bei Baufinanzierungen - aktuell zwischen 4,8 und 8,5 Prozent p.a. (Oktober 2023). Aber: Sie zahlen weniger Zinsen insgesamt, weil die Laufzeit kürzer ist.
Ein Beispiel: Sie brauchen 35.000 Euro für eine neue Heizung. Mit einem Modernisierungskredit zu 6,5 Prozent über 10 Jahre zahlen Sie insgesamt 12.580 Euro Zinsen. Das klingt viel. Aber eine Aufstockung der Baufinanzierung mit 3,5 Prozent über 20 Jahre bringt 13.200 Euro Zinsen - also mehr. Der Modernisierungskredit spart Geld, wenn die Summe unter 40.000 Euro bleibt.
Was ist ein Baukredit?
Ein Baukredit - auch Baufinanzierung genannt - ist ein langfristiges Darlehen für den Neubau, den Erwerb oder umfassende Sanierungen von Immobilien. Er ist immer grundbuchgesichert. Das heißt: Die Bank lässt eine Grundschuld auf Ihr Grundstück eintragen. Das macht die Kreditvergabe sicherer - und deshalb günstiger.Die Laufzeiten sind lang: 15 bis 35 Jahre, durchschnittlich 22,7 Jahre. Die Zinsen sind niedrig: aktuell 2,9 bis 4,2 Prozent p.a. für 10-jährige Festzinsen (Finanztest, 10/2023). Die Kreditsumme kann bis zu 110 Prozent des Beleihungswerts der Immobilie betragen. Das bedeutet: Wenn Ihr Haus 300.000 Euro wert ist, können Sie bis zu 240.000 bis 330.000 Euro leihen - je nach Bank.
Ein Baukredit ist ideal, wenn Sie große Sanierungen planen - etwa den kompletten Dachausbau, die energetische Sanierung des gesamten Hauses oder den Einbau einer neuen Fußbodenheizung mit Wärmepumpe. Aber: Die Bearbeitung dauert länger. Sie brauchen eine Immobilienbewertung, eine neue Grundschuldbestellung, und die Bank prüft erneut, ob die Beleihungsgrenze noch passt. Das dauert durchschnittlich 28,7 Tage (Verivox, September 2023).
Der entscheidende Unterschied: Sicherheit und Kosten
Der größte Unterschied zwischen beiden Krediten liegt in der Sicherung. Ein Modernisierungskredit bis 50.000 Euro wird oft als Blankokredit vergeben - ohne Grundbucheintrag. Das macht ihn schnell und einfach. Aber: Wenn Sie die Raten nicht zahlen, kann die Bank Ihr Haus nicht pfänden. Sie kann nur Ihr Gehalt oder Ihr Sparkonto belasten.Ein Baukredit hingegen ist mit einer Grundschuld gesichert. Das bedeutet: Die Bank hat ein dingliches Recht an Ihrer Immobilie. Wenn Sie zahlungsunfähig werden, kann sie das Haus versteigern. Das ist riskant für Sie - aber günstig für die Bank. Und deshalb haben Sie niedrigere Zinsen.
Ein weiterer Punkt: Förderungen. Nur ein Baukredit oder ein spezieller KfW-Modernisierungskredit berechtigt zu staatlichen Zuschüssen. Standard-Modernisierungskredite von Banken wie Norisbank oder Commerzbank sind nicht förderfähig. Wenn Sie eine Wärmepumpe einbauen, können Sie mit einem KfW-Darlehen bis zu 150.000 Euro pro Wohnung fördern lassen - plus Zuschüsse von bis zu 30 Prozent. Mit einem normalen Modernisierungskredit bekommen Sie nichts.
Wann nehmen Sie welchen Kredit?
Hier ist die klare Faustregel:- Unter 40.000 Euro: Modernisierungskredit. Kürzere Laufzeit, geringere Gesamtzinsen, schnelle Auszahlung (5-7 Tage), keine Immobilienbewertung nötig.
- 40.000 bis 60.000 Euro: Abwägen. Bei Zinssätzen unter 4 Prozent ist die Baufinanzierungsaufstockung günstiger. Bei höheren Zinsen lohnt sich der Modernisierungskredit.
- Über 60.000 Euro: Nur Baukredit. Modernisierungskredite gehen nicht höher als 60.000 Euro - und oft nicht mal bis dahin.
Ein echter Fall aus Graz: Ein Eigentümer wollte 45.000 Euro für Dämmung und Fenster austauschen. Die Bank bot ihm einen Modernisierungskredit mit 6,2 Prozent. Er fragte, ob er die Baufinanzierung aufstocken könnte. Die Bank sagte nein - weil die Beleihungsgrenze schon bei 78 Prozent lag. Er nahm den Modernisierungskredit. Nach 18 Monaten hatte er 3.200 Euro Zinsen gezahlt. Hätte er die Baufinanzierung aufstocken können, wären es nur 2.100 Euro gewesen. Er sagt heute: „Die Bank hat mir nicht die bessere Lösung gezeigt.“
Flexibilität und Sondertilgung
Modernisierungskredite sind flexibler. 92 Prozent der Anbieter erlauben 100-prozentige Sondertilgung ohne Vorfälligkeitsentschädigung (Norisbank, 2023). Das heißt: Wenn Sie plötzlich Geld haben - von der Erbschaft, vom Bonus - können Sie den Kredit komplett abbezahlen. Keine Strafe.Baufinanzierungen sind strenger. Die meisten verlangen eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn Sie vor Ablauf der Zinsbindung tilgen. Die Höhe liegt oft bei 0,5 bis 1 Prozent des getilgten Betrags. Das kann bei 50.000 Euro Tilgung 250 bis 500 Euro kosten.
Das macht den Modernisierungskredit attraktiv, wenn Sie unsicher sind, wie lange Sie in der Immobilie bleiben. Oder wenn Sie erwarten, dass sich Ihre Finanzlage in den nächsten Jahren verbessert.
Wer profitiert von welchem Kredit?
- Ältere Eigentümer (über 55): 38 Prozent nutzen Modernisierungskredite. Sie haben oft weniger Eigenkapital, brauchen schnelle Lösungen und sanieren nicht das ganze Haus, sondern gezielte Maßnahmen.
- Jüngere Eigentümer (unter 40): 72 Prozent bevorzugen Baufinanzierungen. Sie planen langfristig, haben mehr Eigenkapital und wollen oft umfassend sanieren.
- Wer Förderungen will: Nur mit KfW-Darlehen. Das heißt: Sie müssen die Sanierung als „energetische Maßnahme“ nachweisen - und die Finanzierung über einen Baukredit oder einen speziellen KfW-Modernisierungskredit laufen lassen.
- Wer schnell braucht: Modernisierungskredit. Die Bearbeitung dauert durchschnittlich 5,2 Tage. Baufinanzierungen brauchen 28,7 Tage.
Die neuen Regeln ab 2024
Ab 1. Januar 2024 gilt das neue Wohnimmobilienkreditgesetz (WIKG). Es verschärft die Prüfungen für Baufinanzierungen - mehr Dokumente, strengere Einkommensnachweise. Modernisierungskredite unterliegen seit 2023 der Preisangabenverordnung (PAngV), was sie transparenter macht.Ein neuer Trend: Die Commerzbank hat 2023 einen hybriden Kredit eingeführt - „Modernisierungskredit Plus“. Bis zu 75.000 Euro, mit Grundschuldsicherung ab 30.000 Euro. Die Zinsen liegen bei 3,8 bis 4,9 Prozent. Das ist ein Kompromiss: mehr Geld, niedrigere Zinsen, aber mit Grundbuch. Andere Banken folgen.
Die Bundesbank prognostiziert: Bis 2027 wird der Anteil der Modernisierungskredite am Immobilienmarkt von 11,5 auf 18,2 Prozent steigen. Warum? Weil 62 Prozent der deutschen Wohnungen älter als 40 Jahre sind. Die Sanierungsnot ist groß - und die Menschen wollen nicht mehr warten.
Was Sie jetzt tun sollten
1. Rechnen Sie die Kosten aus: Wie viel brauchen Sie? Machen Sie ein Angebot von einem Handwerker - das brauchen Sie für beide Kredite. 2. Prüfen Sie Fördermöglichkeiten: Geht es um Heizung, Dämmung oder Fenster? Dann fragen Sie bei der KfW nach. Ohne KfW-Darlehen verpassen Sie Geld. 3. Prüfen Sie Ihre Bonität: Modernisierungskredite brauchen mindestens 20 Prozent Eigenkapital der Sanierungskosten. Wenn Sie weniger haben, bleibt nur die Baufinanzierungsaufstockung. 4. Vergleichen Sie die Zinsen: Nutzen Sie einen Kreditrechner. Rechnen Sie die Gesamtzinsen über die gesamte Laufzeit - nicht nur die monatliche Rate. 5. Reden Sie mit Ihrer Bank: Fragen Sie: „Kann ich die Baufinanzierung aufstocken?“ Oft sagen Banken nein, obwohl es möglich wäre. Sie müssen nachfragen.Es gibt keine einheitliche Antwort. Es gibt nur die richtige Entscheidung für Ihre Situation. Wählen Sie nicht nach dem, was andere tun. Wählen Sie nach dem, was für Ihre Immobilie, Ihre Finanzen und Ihre Zukunft passt.