Stell dir vor, du füllst deine Waschmaschine, spülst die Toilette oder bewässerst deinen Garten - und das alles mit Wasser, das du kostenlos vom Himmel bekommst. Kein Witz. Regenwassernutzung am Haus ist keine Zukunftsvision mehr, sondern eine praktische Lösung, die schon heute tausende Haushalte in Deutschland nutzen. In Hildesheim, wo die Niederschläge im Jahr durchschnittlich 700 Liter pro Quadratmeter betragen, liegt das Potenzial auf deinem Dach - wenn du es nutzt.
Wie funktioniert eine Regenwassernutzungsanlage?
Es ist einfacher, als viele denken. Das Regenwasser fließt von deinem Dach über die Dachrinnen in einen Filter. Der entfernt Blätter, Staub und groben Schmutz. Danach geht’s in die Zisterne - meist unterirdisch, manchmal oberirdisch. Die Zisterne ist wie ein großer, wasserdichter Tank, der das Wasser speichert. Wenn du Wasser brauchst, pumpt ein Hauswasserwerk es aus der Zisterne in deine Waschmaschine, deine Toilette oder den Gartenschlauch. Wenn die Zisterne leer ist, springt automatisch das Trinkwasser ein. Kein manuelles Umschalten, keine Umstellung nötig.
Die Technik ist nach der DIN 1989 standardisiert. Das bedeutet: Jedes System, das du kaufst, muss bestimmte Sicherheits- und Hygienevorgaben erfüllen. Die Zisterne muss lichtundurchlässig sein, sonst wachsen Algen. Sie muss mindestens 80 cm tief vergraben sein, um Frostschäden zu vermeiden. Und sie muss so dimensioniert sein, dass sie genug Wasser speichert - typisch für ein Einfamilienhaus mit vier Personen: zwischen 3.000 und 8.900 Litern.
Welche Systeme gibt es und was kostet was?
Nicht jede Zisterne ist gleich. Es gibt zwei Haupttypen: Kunststoff und Beton.
- Kunststoffzisternen (Polyethylen): Leicht, einfach zu transportieren und zu installieren. Preise beginnen bei 1.250 Euro für 2.000 Liter. Ein komplettes System mit Pumpe, Filter und Steuerung für ein Einfamilienhaus kostet ab 2.700 Euro. Marktführer wie GRAF, ACO und Rewatec bieten hier Komplettsysteme an, die du selbst montieren kannst - oder von einem Fachmann installieren lässt.
- Betonzisternen: Robuster, langlebiger, aber schwerer und teurer. Ein 9.000-Liter-Betonbehälter kostet ab 2.900 Euro, die Installation bis zu 2.500 Euro dazu. Sie eignen sich besonders für große Gärten oder wenn du später noch mehr Wasser brauchst.
Ein einfacher Gartentank für nur Bewässerung kostet auch nur 1.250 Euro - aber du kannst damit nicht die Toilette spülen oder die Wäsche waschen. Wer nur Gartenbewässerung will, spart sich das teure Hauswasserwerk. Wer aber Trinkwasser ersetzen will, braucht ein vollständiges System.
Wie viel Geld sparst du wirklich?
Das ist die Frage, die jeder stellt. Die Antwort: Es kommt auf deinen Verbrauch an.
Ein Vier-Personen-Haushalt verbraucht im Jahr durchschnittlich 40 Kubikmeter Trinkwasser für Toilettenspülung und Waschmaschine. Regenwasser kann bis zu 60 Kubikmeter pro Jahr ersetzen - also mehr, als du brauchst. Bei aktuellen Trinkwasserkosten von 1,75 Euro pro Kubikmeter sparst du allein da schon 70 Euro im Jahr. Aber das ist nur die Hälfte der Wahrheit.
Denn in vielen Gemeinden, auch in Niedersachsen, werden Abwassergebühren nach dem Trinkwasserverbrauch berechnet. Wenn du Regenwasser nutzt, pumpst du weniger Trinkwasser - und zahlst weniger Abwassergebühren. Das ist ein zweiter Sparposten. In der Praxis sparen viele Haushalte zwischen 150 und 220 Euro pro Jahr.
Ein Nutzer aus Hildesheim berichtet: „Nach zwei Jahren haben wir 180 Euro jährlich gespart - und die Waschmaschine läuft kalkfrei, kein Waschmittel-Überdosis mehr nötig.“
Die Amortisation? Bei einer Anschaffung von 3.500 Euro und jährlichen Einsparungen von 220 Euro dauert es knapp 16 Jahre. Klingt lang? Ja. Aber: Die Zisterne hält über 50 Jahre. Nach 16 Jahren hast du also 34 Jahre lang fast kostenloses Wasser.
Warum lohnt es sich trotzdem?
Es geht nicht nur ums Geld. Es geht ums Prinzip.
Regenwasser entlastet die Kanalisation. Bei Starkregen wird die Stadt überschwemmt - nicht weil es zu viel regnet, sondern weil das Wasser nicht versickern kann. Mit einer Zisterne speicherst du den Regen - und gibst ihn langsam wieder ab. Das reduziert Überlastungen, die Kommunen teuer beheben müssen. Und das ist ein Beitrag zur Klimaanpassung.
Und dann ist da noch die Qualität. Regenwasser ist weich. Kein Kalk. Kein Chlor. Deine Waschmaschine läuft sauberer, dein Geschirr wird glänzender, deine Pflanzen wachsen besser. Du brauchst weniger Waschmittel - und das ist nicht nur gut für den Geldbeutel, sondern auch für die Umwelt.
Einige Städte in Deutschland, besonders in Brandenburg und Sachsen-Anhalt, fördern Regenwassersysteme mit bis zu 1.000 Euro Zuschuss. In 63 Prozent der Städte mit über 50.000 Einwohnern gibt es solche Programme. Frag bei deiner Gemeinde nach - es lohnt sich.
Was ist der große Nachteil?
Die Anfangskosten. Und die Wartung.
Wenn du das System selbst einbaust, sparst du bis zu 40 Prozent. Aber du brauchst Zeit, Werkzeug und ein bisschen Handwerksgeschick. Die Installation einer Kunststoffzisterne mit Fachmann kostet ca. 1.000 Euro zusätzlich. Bei Beton sind es bis zu 2.500 Euro.
Wartung? Jährlich musst du die Vorrangkammer reinigen - das ist der erste Filter vor der Zisterne. Das kostet bei Eigenleistung 20 Euro an Material, bei Handwerker 80-120 Euro. Alle fünf Jahre wird der Tank gründlich gereinigt - das kostet 100-150 Euro. Das ist kein Aufwand, aber es ist ein Pflichttermin. Wer das vergisst, riskiert verstopfte Filter und verschmutztes Wasser.
Und dann gibt es die Skeptiker. Einige Experten sagen: „Wenn du nur Geld sparen willst, dann investier lieber in eine Wärmepumpe.“ Und sie haben recht - die Amortisation ist lang. Aber wer langfristig denkt, wer Umweltbewusstsein lebt, wer die Zukunft seiner Kinder im Blick hat - der sieht das anders.
Was ist neu in 2025?
Die Systeme werden smarter. Seit 2023 gibt es intelligente Zisternen wie den GRAF RainCUBE Smart oder den ACO Rain4me Professional. Die messen den Füllstand per App. Sie verbinden sich mit Wetterdaten und entleeren den Tank automatisch, bevor ein Starkregen kommt. Das erhöht die Speicherkapazität - und damit die Effizienz.
Bis 2025 werden 45 Prozent aller neu installierten Systeme digital sein. Das bedeutet: Du bekommst eine Benachrichtigung, wenn der Filter gereinigt werden muss. Du siehst, wie viel Wasser du gespart hast. Du kannst die Pumpe per Smartphone einschalten - wenn du im Garten bist und den Rasen bewässern willst.
Das macht die Technik nicht nur praktischer - es macht sie attraktiver. Denn wer heute eine Zisterne plant, plant nicht nur für die nächste Dekade - sondern für die nächsten 50 Jahre.
Wer profitiert am meisten?
Nicht jeder braucht eine Regenwassernutzung. Aber bestimmte Haushalte profitieren besonders:
- Haushalte mit großem Garten: Wer viel bewässert, spart viel.
- Haushalte mit Waschmaschine und Toilette: Wer 40-60 Kubikmeter Trinkwasser für diese Zwecke verbraucht, hat den größten Hebel.
- Neubauten: Die Rohre kannst du von Anfang an planen - das ist deutlich günstiger als nachträglich.
- Familien mit hohem Wasserbedarf: Je mehr Menschen im Haus, desto schneller amortisiert sich die Anlage.
Wer nur eine Person im Haus hat, wird länger warten müssen. Aber auch dann: Die Umwelt profitiert - und die Waschmaschine bleibt kalkfrei.
Was du jetzt tun kannst
1. Schau auf dein Dach: Wie groß ist die Fläche? 100 Quadratmeter Dach liefern bei 700 mm Niederschlag etwa 70 Kubikmeter Wasser pro Jahr - mehr als genug für eine Familie.
2. Frag bei deiner Gemeinde nach: Gibt es Fördergelder? In vielen Städten gibt es Zuschüsse - oft bis zu 1.000 Euro.
3. Rechne nach: Multipliziere deinen jährlichen Trinkwasserverbrauch für Toilettenspülung und Waschmaschine mit 1,75 Euro. Dann addiere die Abwassergebührenersparnis. Das ist dein jährlicher Gewinn.
4. Vergleiche Systeme: Ein Komplettsystem von Rewatec oder ACO ist oft günstiger als Einzelteile zusammenzukaufen. Die Hersteller garantieren die Kompatibilität - und das spart Ärger.
5. Plane langfristig: Eine Zisterne ist kein Konsumgut. Sie ist eine Investition in deine Unabhängigkeit. In 15 Jahren wirst du dich freuen, dass du heute angefangen hast.
Kann ich Regenwasser zum Trinken verwenden?
Nein. Regenwasser ist nicht trinkwassergeeignet, auch wenn es sauber erscheint. Es enthält Schadstoffe von Dächern, Luftverschmutzung und Mikroorganismen. Nur Systeme, die speziell für Trinkwasser zugelassen sind (nach DIN EN 1717), dürfen das - und das ist bei privaten Haushalten praktisch nie der Fall. Regenwasser ist nur für Toilettenspülung, Waschmaschine und Garten geeignet.
Wie groß muss meine Zisterne sein?
Als Faustregel: 0,5 bis 1 Kubikmeter (500-1.000 Liter) pro 100 Quadratmeter Dachfläche. Für ein Einfamilienhaus mit 120 m² Dach und vier Personen reicht ein 3.000-5.000-Liter-Tank. Größer ist nicht immer besser - zu viel Wasser kann stagnieren und schlecht werden. Ein zu kleiner Tank bringt dir wenig, ein zu großer ist teuer und unnötig.
Muss ich die Zisterne im Boden vergraben?
Nicht zwingend, aber empfohlen. Unterirdische Zisternen sind frostgeschützt, nehmen wenig Platz ein und sind optisch unsichtbar. Oberirdische Tanks sind einfacher zu installieren, aber sie müssen isoliert werden, wenn es frostig wird, und sie stören das Bild des Gartens. In Hildesheim, wo der Frost bis zu -10°C erreichen kann, ist eine Unterflurinstallation die sicherere Wahl.
Kann ich eine Zisterne nachträglich einbauen?
Ja, aber es ist teurer. Du musst Rohre vom Dach zur Zisterne legen, dann vom Keller zur Waschmaschine und Toilette. Das bedeutet Wanddurchbrüche, Bodenöffnungen, eventuell sogar Fundamente. Die Kosten für Nachrüstung liegen oft zwischen 4.000 und 6.000 Euro - fast doppelt so viel wie bei Neubau. Wenn du ohnehin renovierst, ist es die perfekte Gelegenheit.
Welche Hersteller sind empfehlenswert?
Marktführer in Deutschland sind GRAF, ACO und Rewatec. Alle bieten Komplettsysteme mit Garantie, klaren Anleitungen und Kundenservice. Zisternenprofi und BENZ24 sind günstigere Alternativen, aber mit weniger digitalen Funktionen. Achte auf die Zertifizierung nach DIN 1989 und auf die Garantiezeit - mindestens 10 Jahre sollte sie sein.