Warum riecht Ihr Haus nach dem Umbau so komisch?
Wenn Sie nach einer Renovierung einen unangenehmen Geruch in Ihrer Wohnung wahrnehmen, sind Sie nicht allein. Viele Menschen beschreiben ihn als chemisch, süßlich-faulig oder wie feuchter Karton. Doch dieser Geruch ist kein Zufall - er kommt von Materialien, die Sie vielleicht als „sicher“ oder „modern“ eingestuft haben. Die Ursachen liegen nicht im Schmutz, sondern in den Baustoffen selbst. Laut dem Umweltbundesamt weisen 78 % der Neubauten in Deutschland VOC-Konzentrationen über dem gesundheitlichen Richtwert von 300 µg/m³ auf. Das ist kein seltenes Problem - es ist die Norm.
Die meisten Gerüche entstehen durch flüchtige organische Verbindungen (VOCs). Das sind Chemikalien, die aus Klebern, Bodenbelägen, Farben und Dämmstoffen abgegeben werden. Sie riechen nicht immer stark, aber sie wirken. Kopfschmerzen, gereizte Augen, Müdigkeit - das sind die ersten Warnsignale. Und sie treten oft schon innerhalb von 48 Stunden nach dem Einzug auf, wie Studien von Hausdiagnose-Linsengericht zeigen.
Die drei Hauptquellen für Gerüche nach dem Umbau
Nicht jeder Geruch ist gleich. Es gibt drei klare Gruppen von Ursachen - und jede braucht eine andere Lösung.
- Chemische Ausgasungen (82 % der Fälle): Hier sind es vor allem Formaldehyd aus Spanplatten, Weichmacher wie DEHP aus Vinylböden oder Flammschutzmittel wie TCPP aus Teppichen. Diese Stoffe geben sich nicht einfach auf. Spanplatten können bis zu 10 Jahre lang Formaldehyd abgeben. Selbst Materialien mit Emicode EC1-Zertifizierung emittieren bei Raumtemperaturen über 28°C bis zu 30 % mehr als angegeben.
- Biologische Ursachen (12 %): Schimmel ist der bekannteste Übeltäter, aber nicht immer ist er es. Manchmal riecht es nach muffigem Holz - das ist oft kein Schimmel, sondern Chloranisole, ein Abbauprodukt von Pentachlorphenol (PCP). Dieser Stoff wurde bis in die 1990er-Jahre als Holzschutzmittel verwendet und bleibt in alten Dämmungen oder Holzkonstruktionen aktiv. Bei Feuchtigkeit entstehen die Gerüche - und sie verschwinden nicht, solange das Holz nicht komplett entfernt wird.
- Physikalische Ursachen (6 %): Trockenlaufende Siphons in Abwasserleitungen sind oft übersehen. Wenn kein Wasser mehr im Fallrohr ist, kann Schwefelwasserstoff (H₂S) aus der Kanalisation aufsteigen. Der Geruch erinnert an faule Eier. Er kommt nicht von den Wänden, sondern von unten - und er verschwindet, sobald der Siphon wieder mit Wasser gefüllt ist.
Warum funktionieren Luftreiniger oft nicht?
Viele greifen sofort zu Luftreinigern mit Aktivkohlefiltern. Sie reduzieren VOCs um 40-60 % - das klingt gut. Aber sie sind kein Allheilmittel. Der Filter füllt sich schnell, besonders bei hohen Konzentrationen. Und er nimmt nur die Gase auf, die durch ihn hindurchströmen. In einer Wohnung mit 1.200 µg/m³ TVOC - wie bei einem Vinylboden von Tarkett „Aquaflor“ - ist das wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ein weiterer Fehler: Ozonbehandlungen. Einige Firmen werben mit „Ozonstoß“ als Wundermittel. Doch laut einer Fallstudie des Instituts für Qualitätsmanagement und Umfeldhygiene (IQUH, 2021) erzeugt Ozon bei 35 % der Fälle neue Gerüche. Es reagiert mit den VOCs und bildet andere, oft noch unangenehmere Verbindungen. Es maskiert nicht - es verkompliziert.
Und dann gibt es noch die „Versiegelungsprodukte“. Die versprechen, den Geruch „abzudichten“. Doch sie überziehen nur die Oberfläche. Die Chemikalien bleiben darunter - und werden bei Temperaturschwankungen wieder freigesetzt. Das nennt man Fogging-Effekt. In 22 % der Renovierungsprojekte in der Schweiz tritt er auf. Der Geruch kommt und geht - ohne dass man weiß warum.
Was wirklich hilft: Die drei wirksamen Lösungen
Es gibt nur drei Methoden, die nachweislich funktionieren - und sie sind alle einfach, aber konsequent.
- Kontinuierliches Querlüften: Das ist die effektivste Maßnahme. Laut Umweltbundesamt senkt ein Luftwechsel von 3-5 Mal pro Stunde die VOC-Konzentration innerhalb von vier Wochen um 75 %. Das bedeutet: Mindestens dreimal täglich die Fenster komplett öffnen - und zwar quer durch die Wohnung. Nicht nur kurz aufmachen, sondern richtig durchlüften. Bei kaltem Wetter: Heizung runterdrehen, lüften, dann wieder hoch. Die Energiekosten sind geringer als der Preis für einen schlechten Schlaf oder Kopfschmerzen.
- Wasserstoffperoxid in Siphons: Wenn der Geruch wie faule Eier riecht und nur in bestimmten Räumen auftritt, ist ein trockenlaufender Siphon die wahrscheinlichste Ursache. Füllen Sie 100 ml 11,9 %iges Wasserstoffperoxid in jeden Abfluss. Das tötet Bakterien, die Schwefelwasserstoff produzieren, und reinigt die Leitung. Nach einer Studie der Bauberater-KDR (2023) verschwand der Geruch bei 9 von 12 Betroffenen innerhalb von 48 Stunden.
- PCP-haltiges Holz entfernen: Wenn es nach muffigem, altem Holz riecht - besonders in Fertighäusern aus den 70er bis 90er Jahren -, ist es fast immer PCP. Hier hilft kein Lüften, kein Luftreiniger, kein Anstrich. Nur der komplette Austausch der betroffenen Holzkonstruktionen. Dazu gehören Dämmung, Fassadenholz, Balken. Anschließend muss die Oberfläche mit mineralischen Schutzanstrichen wie „Reinolit Protect“ behandelt werden. Die Kosten liegen bei 250-350 €/m² - teuer, aber notwendig. Kein anderes Verfahren bringt eine Reduktion von mehr als 95 %.
Was Sie bei der Renovierung vermeiden müssen
Die meisten Geruchsprobleme entstehen nicht durch Zufall - sondern durch falsche Entscheidungen während der Bauphase.
- Keine Silikondichtstoffe ohne Emicode-Zertifikat: Selbst „geruchsneutrale“ Produkte können bei hohen Temperaturen VOCs freisetzen. Prüfen Sie immer das Zertifikat - und fragen Sie nach der Emissionsklasse (EC1, EC1 Plus).
- Keine Materialwechsel ohne Dokumentation: Laut Gutachter Knepper führen nicht dokumentierte Materialwechsel in 41 % der Fälle zu Streitigkeiten. Wenn der Handwerker statt des vereinbarten Bodens einen billigeren nimmt, haben Sie später keine Beweise. Dokumentieren Sie jedes Material mit Foto und Herstellerangabe.
- Nicht auf „natürlich“ vertrauen: Kiefernholz emittiert weniger Formaldehyd als Spanplatte - das stimmt. Aber auch Holz kann Schadstoffe enthalten, wenn es mit Chemikalien behandelt wurde. „Natürlich“ bedeutet nicht „unbedenklich“.
Wie Sie die Ursache selbst prüfen
Sie brauchen kein Labor, um erste Hinweise zu bekommen.
- Geruch bei Sonneneinstrahlung stärker? Dann liegt es an VOCs. UV-Licht und Hitze (über 35°C) verdoppeln bis vervierfachen die Emissionen.
- Geruch nur im Badezimmer oder Keller? Prüfen Sie die Siphons. Füllen Sie Wasser ein - wenn der Geruch verschwindet, war es der Siphon.
- Geruch nach feuchtem Papier oder altem Holz? Denken Sie an PCP. Besonders in Fertighäusern aus den 70er-90er Jahren. Prüfen Sie Dämmung, Holzbalken, Dachkonstruktionen.
- Geruch nur nachts oder morgens? Dann liegt es an Temperaturschwankungen - der Fogging-Effekt. Die Chemikalien lagern sich ab und werden bei Kälte wieder freigesetzt.
Wenn Sie unsicher sind: Lassen Sie die Raumluft mit einem Photoionisationsdetektor (z. B. PCE Instruments PP1000) messen. Kalibrieren Sie ihn auf Isobuten - das ist der Standard für TVOC-Messungen. Ein Wert über 300 µg/m³ ist ein klares Signal: Handeln Sie.
Was kommt in Zukunft?
Es gibt Hoffnung. Die Industrie entwickelt VOC-reduzierte Klebstoffe wie „D3 EcoPure“ von Henkel, der ab September 2024 mit Emissionen unter 50 µg/m³ auf den Markt kommt. Die Berner Fachhochschule testet mineralische Beschichtungen mit pH-Wert 11,5, die Gerüche an Holzoberflächen binden. Und die „Baustoffcloud“ des Fraunhofer IBP ermöglicht es künftig, alle Chemikalien in einem Material digital zu tracken - von der Lieferung bis zum Abriss.
Aber bis dahin bleibt: Wer nach dem Umbau riecht, muss nicht leiden. Es gibt klare Ursachen - und klare Lösungen. Lüften Sie. Prüfen Sie. Entfernen Sie, wenn nötig. Und vertrauen Sie nicht auf schnelle Tricks. Der Geruch ist ein Signal - und es ist Ihr Recht, in einem gesunden Zuhause zu leben.
Warum riecht mein Haus nach dem Umbau nach faulen Eiern?
Ein fauler-Eier-Geruch kommt meist von Schwefelwasserstoff (H₂S), der aus der Kanalisation aufsteigt. Das passiert, wenn Siphons (Wasserfallen) in Abflüssen trockenlaufen. Füllen Sie 100 ml 11,9 %iges Wasserstoffperoxid in jeden Abfluss - das tötet die Bakterien, die den Geruch verursachen. Nach 48 Stunden ist er bei 9 von 12 Betroffenen verschwunden.
Kann ich den Geruch mit Luftreinigern loswerden?
Luftreiniger mit Aktivkohle reduzieren VOCs um 40-60 %, aber sie sind keine Lösung bei hohen Konzentrationen. Der Filter füllt sich schnell, und viele Schadstoffe bleiben in den Wänden, Böden oder Möbeln. Die einzige wirksame Methode ist kontinuierliches Querlüften - mindestens 3-5 Mal pro Stunde. Das senkt die Werte in vier Wochen um 75 %.
Ist ein Emicode EC1-Zertifikat Garantie für geruchsfrei?
Nein. Produkte mit EC1-Zertifizierung werden bei 28°C getestet. In warmen Räumen (über 28°C) emittieren sie bis zu 30 % mehr VOCs. Außerdem prüft EC1 nur 10-15 Stoffe - aber in modernen Materialien sind bis zu 3.000 Substanzen kombiniert. Das Zertifikat ist ein guter Anfang, aber kein Schutzschild.
Was tun, wenn es nach altem Holz riecht?
Ein muffiger, holziger Geruch ist oft kein Schimmel, sondern Chloranisole - ein Abbauprodukt von Pentachlorphenol (PCP). Dieser Stoff wurde bis in die 1990er-Jahre als Holzschutzmittel verwendet. Lüften hilft nicht. Nur der komplette Austausch des betroffenen Holzes - inklusive Dämmung und Fassadenkonstruktion - bringt eine dauerhafte Lösung. Danach muss die Oberfläche mit mineralischen Anstrichen wie „Reinolit Protect“ behandelt werden.
Warum verschwindet der Geruch manchmal und kommt dann wieder?
Das nennt man Fogging-Effekt. Chemikalien lagern sich an Wänden, Möbeln oder Bodenbelägen ab. Bei Temperaturschwankungen - etwa bei Heizungsausschalten oder Sonneneinstrahlung - werden sie wieder freigesetzt. Dieser Effekt tritt in 22 % der Renovierungsprojekte auf. Es ist kein Zufall - es ist ein Zeichen dafür, dass die Schadstoffe nicht entfernt, sondern nur versteckt wurden.
Wie lange dauert es, bis der Geruch nach einem Umbau verschwindet?
Das hängt vom Material ab. Kiefernholz reduziert seine Formaldehydemission nach 12 Monaten um 85 %. Konventionelle Spanplatten nur um 60 % - und geben bis zu 10 Jahre lang Schadstoffe ab. Bei kontinuierlichem Lüften sinken die Werte innerhalb von 4-6 Wochen deutlich. Aber die Quelle bleibt. Nur wenn das Material entfernt wird, verschwindet der Geruch dauerhaft.
Sind Ozon-Geräte eine gute Lösung?
Nein. Ozon reagiert mit VOCs und erzeugt oft neue, unangenehmere Gerüche. Laut einer Studie des IQUH (2021) produziert Ozonbehandlung bei 35 % der Fälle sogar neue Geruchsprobleme. Es ist keine Reinigung - es ist eine chemische Umwandlung, die das Problem verschleiert, aber nicht löst.
Was kostet es, PCP-haltiges Holz zu entfernen?
Die Kosten liegen zwischen 250 und 350 € pro Quadratmeter. Das beinhaltet den kompletten Rückbau der betroffenen Holzkonstruktionen - Dämmung, Fassade, Balken - und die anschließende Behandlung mit mineralischen Schutzanstrichen. In Fertighäusern aus den 70er-90er Jahren ist das oft notwendig, wenn ein chloranisolartiger Geruch auftritt. Es ist teuer, aber die einzige dauerhafte Lösung.