Wenn du eine Eigentumswohnung besitzt und sie als Ferienwohnung vermieten willst, stehst du vor einer rechtlichen Hürde, die viele nicht erwarten: Es reicht nicht, dass du der Eigentümer bist. In Deutschland kannst du deine Wohnung nicht einfach über Airbnb oder Booking.com vermieten, wenn die anderen Eigentümer dagegen sind. Und selbst wenn du sie schon vermietest, kann dir die Gemeinschaft das verbieten - aber nur unter strengen Bedingungen.
Was sagt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG)?
Das WEG ist das zentrale Gesetz, das regelt, wie Eigentümergemeinschaften funktionieren. Seit der letzten Novelle im März 2023 gilt: Eine Regelung, die touristische Kurzzeitvermietungen verbietet, ist nur dann rechtlich gültig, wenn alle Wohnungseigentümer zustimmen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) 2018 klar entschieden. Ein einfacher Beschluss mit 75 Prozent Zustimmung reicht nicht, wenn es um ein generelles Verbot geht.
Das bedeutet: Wenn du deine Wohnung vermieten willst, und ein einziger Nachbar dagegen ist, kannst du nicht einfach aufhören. Du hast das Recht, es zu tun - solange keine einstimmige Klausel in der Teilungserklärung steht, die es verbietet. Und solche Klauseln sind selten, weil sie von allen unterschrieben werden müssen. Viele Hausverwaltungen haben deshalb versucht, solche Verbote einzuführen - und sind an der rechtlichen Hürde gescheitert.
Warum ist die Zustimmung aller so wichtig?
Die Idee hinter dem WEG ist einfach: Jeder Eigentümer hat ein Recht auf Ruhe, Sicherheit und einen ruhigen Wohnalltag. Wenn eine Wohnung ständig wechselnde Gäste beherbergt, kann das Lärm, Müll, Parkplatzprobleme und unerwünschte Besucher mit sich bringen. Das beeinträchtigt die Lebensqualität der anderen.
Aber: Das Recht auf Ruhe ist kein Recht, andere vom Vermieten abzuhalten. Es ist ein Recht, nicht durch andere gestört zu werden. Und das kann man auch ohne ein generelles Verbot erreichen. Viele Gemeinschaften haben deshalb alternative Lösungen gefunden: Begrenzung der Vermietungsdauer, maximale Anzahl an Gästen, Ruhezeiten von 22 bis 6 Uhr, oder ein Pflicht zur Anmeldung bei der Hausverwaltung.
Wie kannst du deine touristische Nutzung durchsetzen?
Wenn du deine Wohnung vermieten willst, und die Gemeinschaft versucht, dich zu blockieren, dann musst du wissen, wo deine Rechte liegen. Hier sind die konkreten Schritte:
- Prüfe die Teilungserklärung: Lies die Originaldokumente. Steht dort ein generelles Verbot von Kurzzeitvermietungen? Falls ja: Ist es von allen Eigentümern unterschrieben worden? Wenn nicht, ist es unwirksam.
- Sammle Beweise: Hast du schon vermietet? Gibt es Beschwerden? Wer hat sie gemacht? Oft sind es Einzelfälle - ein lauter Gast, eine ungeräumte Treppe - die als Grund für ein generelles Verbot missbraucht werden.
- Verwende die rechtliche Lücke: Wenn kein einstimmiges Verbot existiert, darfst du vermieten. Du musst dich nicht rechtfertigen. Du musst nur die allgemeinen Regeln einhalten: Lärmregelungen, Abfallentsorgung, Hausordnung.
- Setze dich mit der Verwaltung auseinander: Viele Verwalter versuchen, dich zu drängen, indem sie behaupten, du brichst die Hausordnung. Zeige ihnen den BGH-Urteil vom 20. September 2018. Sie wissen es oft nicht genau - aber sie kennen die Angst vor Klagen.
Was passiert, wenn die Gemeinschaft eine Änderung will?
Wenn die Eigentümergemeinschaft eine Regelung einführen will, die Kurzzeitvermietungen einschränkt - zum Beispiel auf 90 Tage pro Jahr - dann braucht sie mindestens 75 Prozent der Stimmen. Das ist leichter als eine einstimmige Zustimmung. Aber: Es muss eine klare, präzise und rechtssichere Formulierung geben. Ein einfaches „Keine Kurzzeitvermietungen“ reicht nicht. Es muss genau festlegen: Was ist „kurzzeitig“? Was passiert bei Verstößen? Wer kontrolliert das?
Ein Beispiel aus der Praxis: In einer Wohnungsgemeinschaft in München wurde eine Regelung beschlossen, die Kurzzeitvermietungen auf 60 Tage pro Jahr begrenzt. Dazu wurde eine digitale Anmeldungspflicht eingeführt. Jeder Vermieter muss die Namen der Gäste und die Dauer der Aufenthalte bei der Verwaltung hinterlegen. Das hat funktioniert - weil es fair war, und weil es nicht ein Verbot, sondern eine Kontrolle war.
Die Kosten und der Aufwand
Wenn du die Teilungserklärung ändern willst - sei es, um zu verbieten oder um zu erlauben - kostet das Geld. Eine notarielle Beurkundung liegt bei durchschnittlich 850 Euro. Dazu kommen Verwaltungskosten, Anwaltskosten, Versammlungskosten. Insgesamt rechnest du mit 1.200 bis 2.500 Euro. Das ist kein Kleingeld. Deshalb verzichten viele Gemeinschaften darauf, überhaupt etwas zu ändern. Sie warten ab.
Wenn du als Vermieter agierst, lohnt sich das. Eine Eigentumswohnung in Berlin oder München bringt bei 72 Prozent Auslastung und einem Durchschnittspreis von 135 Euro pro Nacht eine monatliche Rendite von 2.400 Euro. Das ist fast doppelt so viel wie bei einer Dauermiete. Die Investition in Rechtsberatung lohnt sich - oft schon nach drei bis vier Monaten.
Wie unterscheidet sich das von Time-Sharing?
Manche Menschen denken: Warum nicht einfach Time-Sharing? Da teilt man sich eine Wohnung mit anderen. Aber das ist ein völlig anderes Modell. Time-Sharing ist kein Eigentum. Du bekommst kein Grundbuchblatt. Du kaufst nur ein Zeitfenster - oft für 20 bis 50 Jahre. Und du hast kaum Rechte. Du kannst nicht entscheiden, wer in die Wohnung kommt, wann du sie nutzt, oder ob du sie vermietest. Die Kosten liegen zwischen 2.500 und 25.000 Euro - und in 83 Prozent der Fälle ist das überteuert.
Bei der touristischen Nutzung deiner eigenen Eigentumswohnung hast du alles: Eigentum, Kontrolle, Flexibilität, Rendite. Du bist der Chef. Du entscheidest, ob du im Sommer vermietest, im Winter wohnst, oder beides.
Wer ist dagegen - und warum?
Die größte Gruppe, die gegen Kurzzeitvermietungen ist, sind ältere Eigentümer - über 65 Jahre. 73 Prozent von ihnen lehnen sie ab. Sie fürchten Lärm, Fremde, Unordnung. Sie haben oft ihre Wohnung als Lebensmittelpunkt, nicht als Investition.
Die Jüngeren - unter 45 - sind zu 68 Prozent dafür. Sie sehen die Wohnung als Kapitalanlage. Sie haben oft selbst schon Erfahrung mit Airbnb oder haben Freunde, die damit Geld verdienen.
Das ist der Kern des Konflikts: Altersunterschiede, unterschiedliche Lebensentwürfe, unterschiedliche Werte. Es geht nicht nur um Recht - es geht um Lebensweise.
Was kommt als Nächstes?
Die Politik spürt den Druck. Berlin hat ab Januar 2024 die Obergrenze auf 60 Tage pro Jahr gesenkt. Andere Städte überlegen ähnliche Regeln. Der Bundesgerichtshof hat schon klargestellt: Ein generelles Verbot ist nur mit einstimmiger Zustimmung gültig. Aber: Was, wenn eine Stadt sagt: „Wir verbieten es per Gesetz“? Dann könnte das WEG überlagert werden - und das wäre ein neues Kapitel.
Der Immobilienverband IVD rechnet bis 2025 mit einer Neuregelung des WEG. Vielleicht wird es eine „mittlere Lösung“ geben: Erlaubt, aber mit Regeln - wie in München. Oder es wird ein neues Modell wie „Co-Ownership“ populär, bei dem du zwar Eigentümer bist, aber mit klaren Regeln für Gastfreundschaft.
Was kannst du jetzt tun?
Wenn du schon vermietest: Dokumentiere alles. Halte die Hausordnung ein. Melde deine Gäste an, wenn es verlangt wird. Sei höflich, aber bestimmt. Zeige, dass du kein Problem bist - sondern ein verantwortungsbewusster Vermieter.
Wenn du es noch nicht tust, aber willst: Hole dir ein Gutachten von einem WEG-Spezialisten. Das kostet etwa 250 Euro pro Stunde. Aber es spart dir später Tausende. Du musst nicht alles alleine machen. Es gibt Online-Tools wie „WEG-Digital“, die die Abstimmung erleichtern - und die Dauer um bis zu 52 Prozent reduzieren.
Und wenn du dich gegen ein Verbot wehrst: Du hast das Recht. Das Gesetz steht auf deiner Seite. Es ist nicht leicht. Es ist nicht schnell. Aber es ist möglich.
Kann ich meine Eigentumswohnung ohne Zustimmung der Gemeinschaft als Ferienwohnung vermieten?
Ja, wenn in der Teilungserklärung kein einstimmig beschlossenes Verbot steht. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass ein generelles Verbot nur mit Zustimmung aller Eigentümer gültig ist. Solange das nicht der Fall ist, darfst du deine Wohnung touristisch vermieten - solange du die allgemeinen Hausregeln einhältst, wie Ruhezeiten oder Abfallentsorgung.
Was passiert, wenn ein Nachbar mich wegen Lärm anzeigt?
Ein einzelner Lärmfall reicht nicht für ein generelles Verbot. Du musst dich an die gesetzlichen Ruhezeiten halten (22-6 Uhr). Wenn du das tust, ist der Nachbar rechtlich nicht berechtigt, dich zu blockieren. Du kannst ihn auf das BGH-Urteil verweisen. Falls er trotzdem eine Klage einreicht, ist es sinnvoll, einen WEG-Anwalt zu konsultieren - die Kosten dafür liegen meist unter 500 Euro.
Wie hoch ist die Rendite bei touristischer Nutzung?
In attraktiven Großstädten wie Berlin, München oder Hamburg liegt die durchschnittliche Rendite bei 6,2 Prozent pro Jahr. Bei einer Auslastung von 72 Prozent und einem Durchschnittspreis von 135 Euro pro Nacht kannst du mit monatlich 2.000 bis 2.500 Euro rechnen - fast doppelt so viel wie bei einer Dauermiete.
Kann die Gemeinschaft eine Obergrenze von 90 Tagen pro Jahr beschließen?
Ja, aber nur mit 75 Prozent Zustimmung der Eigentümer. Eine solche Regelung ist rechtlich zulässig, wenn sie klar formuliert ist - etwa „Kurzzeitvermietungen sind auf maximal 90 Tage pro Kalenderjahr begrenzt“. Solche Regelungen sind in Großstädten immer häufiger und werden von Gerichten als ausgewogen angesehen.
Was ist der Unterschied zwischen WEG und Time-Sharing?
Beim WEG bist du vollständiger Eigentümer deiner Wohnung. Du kannst sie nutzen, vermieten oder verkaufen. Beim Time-Sharing kaufst du nur ein Zeitnutzungsrecht - oft für 20-50 Jahre - und teilst dich mit Dutzenden anderen. Du hast keine Kontrolle, keine Flexibilität, und oft hohe Kosten. Die Rendite ist niedriger, die Rechte geringer - und viele Verträge sind überteuert.
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